Kambodscha

Gerade mal 7 Jahre jung ist der Tourismus in Kambodscha. Nach den Wirren des Vietnamkrieges, dem Schlächterregime der Roten Khmer und dem anschliessenden Bürgerkrieg war Kambodscha derart am Boden zerstört, dass die Hilfsorganisationen nicht bei Null, sondern weit unter Null anfangen mussten, um das Land wieder aufzubauen. Der Entwicklungsprozess dauert immer noch an. Es gibt weiterhin mit Landminen verseuchte Gegenden, die den Bauern das Leben schwer machen. Es gibt weiterhin Unklarheiten bei der Landaufteilung, nachdem die Roten Khmer alle Bürger enteignet und aus ihren Häusern vertrieben hatten. Der Aufbau der Infrastruktur ist noch im Gange. Die Bevölkerung ist nicht vertraut mit der noch jungen demokratischen Staatsform. Zu tief steckt der Schock der Vergangenheit in den Knochen, so dass die Menschen sich nicht trauen eine politisch kritische Äusserung zu machen. Doch trotz all dem Elend, dass die Menschen in Kambodscha durchlitten haben, haben sie doch ihr sympathisches Lächeln behalten. Die Khmer sind die grösste Volksgruppe Kambodschas, wohingegen die Roten Khmer die ehemalige politische Gruppe um den Führer Pol Pot bezeichnet.
Rote Khmer Minen


Von den Mekong Inseln im Süden Laos reise ich per Boot zur kambodschanischen Grenze. Während der Ausreisestempel in Laos 1 $ kostet, wollen die Khmer 3 $ haben. Bei dem mikrigen Monatsverdienst der Beamten, betrachte ich die inoffizielle Stempelgebühr eher als Spende. Vom Grenzposten geht es zunächst in einem Holzkahn 3 Stunden den Mekong runter und anschliessend noch einmal 5 Stunden mit dem Minibus über staubige Piste bis Kratie. Die tief stehende Sonne gibt dem Mekong einen purpurnen Glanz. Gleich am nächsten Tag geht es per Bus weiter nach Kampong Thom. Beim Zwischenstopp in Skuon bieten Verkäuferinnen frittierte Spinnen und gegrillte Kücken an. Ein willkommener Snack für zwischendurch. Ein mitreisender Franzose meint nach dem Snack, dass die Spinnen wie ein alter Pfannkuchen schmecken. Ich mag allerdings auch keine alten Pfannkuchen.
Dieseltriebwerk Mekong
lecker Spinnen lecker Kuecken


Prägend sind die ersten Eindrücke von Kambodscha während der Busfahrt. Viele Hütten an der Strasse sind noch ärmlicher als in Laos. Es gibt viele Ochsenkarren. Der Strassenrand ist voller Müll. Häufig wird noch an den Strassen, insbesondere an den Brücken gebaut. Der Busfahrer fährt einen halsbrecherischen Slalom zwischen Ochsenkarren, Motorradfahrern, radelnden Schulkindern, Fussgängern und lebensmüden Hunden hindurch. Die Menschen tragen oft den typischen Wickelschal, das Krama, um den Kopf. Verglichen mit den Laoten zeichnen sich die typischen Khmergesichter durch grössere, runde Augen und breitere Nasen aus. Die Landschaft ist eher flach und mit unzähligen Reisfeldern übersäht. Neben den schwarzen Wasserbüffeln grasen viele Kühe in den Feldern.

Nahe Kampong Thom befinden sich die Tempelanlagen von Sambor Prei Kuk aus der Prä-Angkor-Ära. Das glorreiche Angkorreich von 800-1400 n.Chr. war die damals einmalige Hochkultur des Khmer Volkes. Während dieser Zeit entstand auch die grösste Tempelanlage der Welt, Angkor Wat. Vorher noch, zwischen dem 6. und dem 8. Jahrhundert wurden bei Kampong Thom mehrere Tempel gebaut, u.a. Sambor Prei Kuk. Lange waren die Ruinen im Urwald versunken, bis sie vor weniger als 10 Jahren wieder zugänglich gemacht wurden.

Auf dem Sozius von Mr.Sokhom, meinem kompetenten Touriführer, geht es durch prachtvolle Reisfelder und ursprüngliche Dörfer zu den Tempeln. Die Ruinen aus Ziegelstein oder aus Laterit befinden sich auf einer grossen Fläche verteilt inmitten eines lichten Urwaldes. Würgefeigen sind über die Bauwerke gewachsen und bewahren mit ihren tentakelartigen Wurzeln die Ziegelsteinmauern vor dem Einsturz. Obwohl die Ziegel nach über 1200 Jahren im feuchtheissen Urwaldklima teilweise noch sehr gut aussehen, wundert es mich nicht, dass so viele Gebäude eingestürzt sind. Ein derart schlechter Mauerverbund würde jedem Maurerlehrling heutzutage den sofortigen Rausschmiss bescheren.
Sambor Prei Kuk Sambor Prei Kuk Mauer
Sambor Prei Kuk Sambor Prei Kuk


Auf der Fahrt nach Siem Reap lassen sich zwei junge Khmer neben mir genüsslich eine Tüte frittierter Grillen schmecken. Sie sind richtig wild auf den Proteinsnack und im Nu ist die Tüte leergefuttert. In der Stadt Siem Reap treffen sich alle Kambodscha Touristen. An den benachbarten Tempeln von Angkor kommt niemand vorbei. Selbst Japaner rücken, ähnlich wie in Heidelberg, in grossen, wild umherfotografierenden Gruppen an. Angkor ist Herz und Seele des Khmer-Volkes. Auf einer Fläche von 232 Quadratkilometern ist die weltweit dichteste Ansammlung von religiösen Bauwerken zu finden. Die Tempel wurden hauptsächlich zur Zeit des Angkorreiches 800-1400 n.Chr. gebaut. Das Beherrschen der Wasserströme des benachbarten Tonle Sap Sees und des damit verbundenen Reisanbaus ermöglichte die einmalige Hochkultur der Khmer. Mit etwa 1 Million Menschen, die um die Tempelanlagen lebten, war Angkor damals die grösste Stadt der Welt.
Angkor Wat Japoner


Im Rahmen des Gottkönigskults liessen die damaligen Herrscher des Angkorreiches viele Tempel errichten. Die meisten von ihnen sind hinduistisch geprägt. Die unzähligen Reliefs stellen den Aufbau der hinduistischen Welt aber auch die ein oder andere Szene aus dem Leben der Khmer dar. Der Berg Meru, auf dem die Götter leben, als auch die Götter Brahman, Vishnu und Shiva umgeben von den typisch indischen Tempeltänzerinnen, den Apsaras, finden sich in den Reliefs wieder. Später hielten auch buddhistische Elemente Einzug in die Tempel. Als Baumaterial wurde Ziegel, Laterit und Sandstein verwendet, in den unzählige Inschriften und Reliefs gemeisselt wurden.

Der Haupttempel, Angkor Wat, mit seinen fünf mächtigen Türmen ist das Nationalsymbol Kambodschas. Er ziert nicht nur die Nationalflagge, sondern auch das Etikett des leckeren Angkor Bieres. Die Form der Türme ist der geschlossenen Lotusblüte nachempfunden. Im Zentrum steht mittlerweile eine Buddhastatue, der mit Räucherstäbchen gehuldigt wird. Zwischen den Ecktürmen finden sich die gewaltigen Reliefs. Das "Quirlen des Milchmeeres" ist eine prägende Szene, bei der die Götter und die Dämonen mit einer riesigen Schlange Tauziehen veranstalten. Es gilt das kostbare Lebenselixier "Amrta" aus der Schlange zu wringen. In der Mitte steht der Kriegsgott Indra und mimt so eine Art Schiedsrichter. Weitere Reliefs zeigen Szenen aus Himmel und Hölle oder ein Schlachtfeld mit Elefanten. Immer wieder taucht auch Vishnu in den Reliefs auf, mal mit 2 Armen, mal mit 4 oder gar mit 12 Armen.
Angkor Wat Lotusbluete
Angkor Wat Angkor Wat Angkor Wat
Angkor Wat Angkor Wat
Vishnu enthaupteter Buddha


Angkor Thom ist neben Angkor Wat eine der Hauptattraktionen für jeden Angkor Besucher. Im sog. Bayon blicken über 200 riesige Gesichter auf den Besucher herab. Es sind die Gesichter von "Lokesvara", einer Figur aus dem Buddhismus, die die höchste Stufe der Erleuchtung erreicht hat. Aus Mitleid mit den Menschen tritt Lokesvara jedoch nicht ins Nirwana, sondern will den Menschen auf ihrem Weg zur Glückseeligkeit helfen.
Angkor Thom Angkor Thom Angkor Thom
Buddha Mauer Buddha


Der Urwald, in dem sich die Tempel befinden, holt sich langsam sein Territorium zurück. Auf so manchem Gebäude wachsen riesige Würgefeigen, deren Wurzeln wie die Tentakeln eines Riesenkraken das Mauerwerk fest umklammern. Als Besucher fühlt man sich wie im Film "Tomb Raider", der hier gedreht wurde. Immer wieder entdeckt man innerhalb der Tempelruinen neue Gänge, spannende Reliefs und Inschriften in Sanskrit. Doch nicht nur das tropische Klima und die Vegetation führten zum Verfall der Tempel. Auch die Schlachten um Angkor, die Zerstörungswut der Roten Khmer sowie die internationale Antiquitätenmafia hinterliessen Spuren der Zerstörung. Viele Buddhastatuen wurden kurzerhand enthauptet.
Ta Prom Angkor Beer


Von Siem Reap aus geht es per Boot über den Tonle Sap See. Während der Monsunzeit fliesst das Wasser des mit dem Mekong verbundenen Tonle Sap Flusses in die umgekehrte Richtung, so dass die Wassermassen des Mekong sich teilweise in den See entladen. Der flache Tonle Sap See schwillt dann auf das 7fache seiner Fläche an. Auf dem See gibt es viele schwimmende Dörfer. Die Häuser sind auf Bambusflosse gebaut. Die Bewohner bewegen sich entweder auf den Plattformen oder mit Booten. Der immense Fischreichtum des Tonle Sap ist Lebensgrundlage vieler Menschen hier. Von vielen Bäumen und Büschen im See guckt nur die grüne Krone aus dem Wasser. Für die Boote bleibt dadurch manchmal nur eine schmale Gasse.
Tonle Sap Tonle Sap


Auf der anderen Seite des Sees legt das Boot in Battambong, der zweitgrössten Stadt Kambodschas, an. Die Grossvater mit dem Stab, der DaTambong, begrüsst jeden Besucher der Stadt in Form einer riesigen Statue. Auf dem Zentralmarkt gibt es fangfrischen Fisch. Die Fische springen aus ihren Bassins und zappeln wild auf der Strasse herum. Aber auch Frösche werden frisch abgezogen angeboten. Die französischen Ex-Kolonialherren lassen grüssen.
DaTambong Markt
Markt Markt
Markt Markt


Ausserhalb von Battambong ist die Landschaft weitestgehend eben. Nur wenige steilaufragenden Felsen ragen aus den Reisfeldern hervor. Auf ihren Gipfel sind Tempel und Buddhastatuen errichtet. In den Felsen sind auch Hoehlen, in denen sich Buddha liegend praesentiert.
Landschaft Tempel
Tempel Tempel Tempel
Hey Beavis, pull my finger! Buddha


Ein absoluter Klassiker ist der Ritt auf dem Bambootrain. Kaum ist der schwere Güterzug von Pnom Penh mit atemberaubenden 20 km/h vorbeigezockelt, werden 2 alte Wagonachsen auf die Gleise geschmissen. Darauf wird eine Plattform aus Bambus und noch ein kleiner Verbrennungsmotor montiert. Der Motor ist über Keilriemen mit einer Achse verbunden. Kurz anschieben und los geht der Spass. Die Schläge durch die Schienenstösse gehen durch Mark und Bein. Doch ist die Atmosphäre einmalig auf einem selbstgebastelten Freiluftzug durch die Reisfelder zu rattern. Darf halt nur kein Zug entgegen kommen...
Bambootrain Bambootrain


Letzte Station in Kambodscha ist schliesslich die Hauptstadt, Pnom Penh. Hier fliessen der Mekong und der Tonle Sap kurz zusammen, um sich später wieder zu trennen. Namensgebend ist der Hügel, Pnom genannt, auf dem damals die alte Tante Penh einen Tempel erbauen liess. Heute heisst der Tempel Wat Pnom. Gerade in der Hauptstadt gehören Bettler und teilweise schrecklich verstümmelte Minenopfer zum alltäglichen Strassenbild. Der riesige Königspalast mit dem Portrait des alten Königs ist schon von weitem zu erkennen.
Wat Pnom Moench Independence Monument
Bettlerin Bambootrain


Eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte Kambodschas wird im Toul Sleng Museum dokumentiert. In der ehemaligen Schule wurden zu Zeiten der Roten Khmer Regimegegner und Intellektuelle inhaftiert und grausam gefoltert. Als Intellektueller galt schon, wer zu saubere Hände hatte. Die schockierende Unmenschlichkeit lässt Vergleiche mit Konzentrationslagern aufkommen.
Toul Sleng Prison Toul Sleng Prison


Im Strassengewühl gehört eine Fahrt mit dem Cyclo auch für mich zum absoluten Pflichtprogramm. Langsam und voller Grazie gleiten diese Dinosaurier unter den Verkehrsmitteln durch den Verkehr.
Cyclo Cyclo


 

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