Mit Kriegstechnik unterwegs

Bremsen

Der Hebel am Lenker und das Fusspedal sind bei normalen Motorrädern Bremsen. Bei der Ural nicht. Dort wird am besten durch Herunterschalten gebremst. Bei hartem Einkuppeln quieken die Reifen vor Freude. Das heisst also möglichst viel Abstand zum Vordermann halten, sonst quieken nicht nur die Reifen.


Reifen

Die russischen Schluffen sind besser als erwartet. Nach 4500 km habe ich die Räder einmal im Gegenuhrzeigersinn getauscht, so dass der am meisten abgenutzte Hinterreifen nun am Beiwagen ist. Nach 8000 km ist immer noch ein Restprofil zu erkennen. Insgesamt sind Reifen, Fahrwerk und Bremsen optimal aufeinander abgestimmt. Bessere Bremsen würden die Reifen überfordern und die Räder würden sofort blockieren. Bessere Reifen würden in den Kurven keinen Spass machen, da man vor dem Driften umkippen würde.


Tachowelle

Nach 2500 km verabschiedete sich das gute Stück. Die Verlegung der Welle ist nicht ideal. Sie muss in engem Bogen am Frontscheinwerfer vorbeigewurstet werden.


Rücklicht

Die russischen Birnen werden in etwa so schnell schlecht wie richtige Birnen. Auf den ersten 3000 km muss ich zweimal eine frische Birne einwechseln.


Benzin

Zu den russischen Zündkerzen gehört auch das passende Benzin, also das billigste, was es gibt. In Russland heisst das 76 Oktan. In der Türkei gibt es nur Super, das heisst dort Süper und hat 95 Oktan, funktioniert aber auch. Das Tanken in Russland erinnert an eine Knastszene. Man geht an ein Kassenhäuschen und sagt vor einer getönten Scheibe wieviel Liter man an welcher Säule haben will. Den Betrag wirft man dann in eine Schublade und legt noch einen Stein drauf, damit der Wind nicht die Scheine wegweht. Dann geht die Schublade rein und wieder raus und man bekommt Wechselgeld und manchmal auch eine Quittung. Dann geht man zurück zum Fahrzeug und füllt die abgemessene Menge in den Tank. Nur manchmal kann man auch Öl oder ein Eis kaufen. Der Sprit ist mit ca. 0,35 EUR jedoch sehr günstig.

In der Türkei ist der Sprit mit ca. 1,65 EUR sehr teuer. Dafür sind die Tankstellen wie Wellnessstationen für's Gefährt. Nette Tankwarte empfangen Fahrer und Fahrzeug, tanken voll, waschen Scheiben und kassieren. Nebendran gibt es Luft für die Reifen, einen Hochdruckreiniger und einen Staubsauger. Meist sind auch noch ein Restaurant, eine Waschanlage und ein grosses Geschäft bei der Tankstelle. Zudem kann man immer auch mit Karte bezahlen.

Bei einer Reisegeschwindigkeit von 80 km/h liegt der Verbrauch bei 6,5 l/100km, was für Kriegstechnik ausserst sparsam ist. Somit sollte man nach 280 km beginnen übers Tanken nachzudenken. Nach 320 km habe ich auch schon einmal 20 Liter in den 19 Liter Tank hineinbekommen.


Öl

Manchmal überlege ich, warum ich nicht gleich Gemisch 20:1 tanke. Tanken heisst immer auch Öl nachfüllen. Ich habe schliesslich immer eine 0,75 l Trinkflasche mit praktischem Aufziehventil voll Öl dabei. Die zieht die Allmächtige bei jedem Tankstopp tapfer weg.

Da ich eher in warmen Regionen unterwegs bin, bevorzuge ich 20W50 Mineralöl, was dann auch in die Gabel, das Wechselgetriebe und in das Kegelradgetriebe kommt. Das Öl im Kegelradgetriebe wechselte ich nach 3500 km und stellte Ansätze eines grauen Stares fest. Vermutlich ist bei Regen Wasser in das Getriebe eingedrungen.


Tacho

Nach 3000 km hatten sich die Eingeweide im Tacho losgerappelt und die Tachonadel blieb bei 40 km/h stehen. Nachdem ich den Tacho zerlegte und alle Schrauben wieder anzog, war alles wieder ok.


Ventile

Ganz sensibles Thema. Nach dem Erneuern am besten schon nach 1000 km Ventilspiel prüfen. Neue Ventile arbeiten sich in den Sitz ein, was zur Verkleinerung des Ventilspiels und im schlimmsten Fall zum Offenstehen führt. Im kalten Zustand sind 0,05 mm an beiden Ventilen einzustellen. Ich habe erst nach 2500 km das erste Mal nachgestellt. Vermutlich ist mir deshalb bei 5000 km ein Ventil abgebrannt.


Horn

Wer wie ich das Horn zu sehr vernachlässigt, muss sich nicht wundern, wenn selbiges nach 4500 km seinen Dienst quittiert. Jetzt habe ich eine türkische Autohupe drin. Die tut es auch.


Scheinwerfer

Wer so trottelig ist wie ich und den Frontscheinwerfer herunterschmeisst, kann sich trösten. So ein rundes Glas mit Reflektor gibt es im Zubehörhandel (insbesondere auch in der Türkei) auch ohne dass CCCP draufsteht.


Radlager

Ein prüfender Blick nach 4500 km sagte "Alles ok." Nur das russische Fett war etwas karamelig geworden.


Schrauben

Der Crosscheck alle 2000 km lohnt sich. Am Fahrwerk und an der Bootbefestigung findet man immer wieder ein paar Schrauben, die sich gelockert haben. Insbesondere die 2 Muttern, die das Kegelradgetriebe im Rahmen halten, lockern sich regelmässig. Ausserdem hat sich eine Schraube an meiner Sonnenbrille mit der Zeit losgerappelt, so dass man nicht nur das Motorrad sondern auch den Fahrer regelmässig nach lockeren Schrauben untersuchen sollte.


Sattel

Pelmeni, so wie die russischen Tortelini, heissen die konfortablen Schwingsattel und sind das beste am ganzen Motorrad. Nach 8000 km will ich auch nichts anderes mehr haben.


Getriebe

Rupfig ist der erste Gang. Der zweite hüpft auch schon mal raus. Dann muss man and einer der beiden Stellschrauben rechts über dem Schaltpedal etwas nachstellen. Ansonsten gibt es nach 8000 km keine Auffälligkeiten.


Vordergabel

Als ich nach 3500 km prüfte, liess sie sich kaum noch zusammenschieben. Da lohnte es sich die Führungshülsen und -rohre zu säubern und neu einzuölen.


Vergaser

Ich fahre nicht die K65-Vergaser, sondern welche mit Rundschieber. Selbige neigen dazu bei Regen vollzulaufen, was dann zu Zündaussetzern führt.